Man erzählt sich in Balve folgende Legende:
Müde wankte der Pfarrer am Abend heim aus dem Städtchen. — Seit frühem Morgen schon hatte gepflegt er die Kranken: den Opfern der Seuche die lindernden Säfte gereicht, gesalbt sie mit heiligem Öl zu Gesundung für Seele und Leib, das Brot des Lebens den Kranken gereicht als Wegzehr' zum Himmel.Zum Gotteshaus müde nun wandte er sich, trat ein in die dunkle, vom Lichtschein durchflackerte heilige Halle und kniete vorm eichengeschnitzen, uralten Bildnis Sankt Blasi, zu beten ganz innig zum Heil'gen mit weit ausgebreiteten Armen: „Du Helfer in jeglicher Not, Sankt Blasi, Patron dieser Kirche! Schau mildreich, du Schutzherr, herab auf die Sterbenden alle im Städtchen! Sieh an all den Jammer, die Not und das Weinen der Armen und Kranken! Erwirb ihnen Gnade und Heilung! Hilf bannen die Seuche! Erhalt durch dein Flehen die Väter, die Mütter den Kindern, die Kinder dem Leben! Sankt Blasius, großer Patron! In deine Hände ich lege mein Bitten, mein Opfer: Bereitschaft, zu sterben für meine Herde, das Heilung werde den Kranken, daß weiche die Not aus den Hütten und Häusern. O Schutzherr, trag huldreich mein Opfer vor Gott. — Sein Wille geschehe. Amen.“Getröstet und voller Vertrauen nun wandte der Pfarrer sich heimwärts. Vorm Pfarrhaus den Segen er sprach über Menschen, vom Leide geschüttelt. Dann legte zur Ruhe er sich mit stillem, herzinnigem Beten und schlummerte friedlich bald ein, von den Sorgen des Tages ermüdet.Am folgenden Morgen — o Schrecken! — Geklage floh hin durch die Gassen: „Der Pfarrherr ist krank; auch ihn hat das Fieber der Seuche ergriffen! Wer wird für uns sorgen, wenn nun seine segnenden Hände erlahmen? Barmherziger Heiland! Erhalt uns den Pfarrer, nicht lasse ihn sterben! Sankt Blasius! Fleh' für den Hirten, der väterlich führt die Gemeinde! Wir weihen dir brennende Kerzen und tragen sie hin vor dein Bildnis; verzehren dort sollen sie sich dir zur Ehre, dem Kranken zum Heile!“ So rang im Gebet für den fiebernden Pfarrer die treue Gemeinde.Der Herrgott doch wollte es anders. — Hin über des Pfarrhauses Schwelle trat leise der Tod, schloß friedlich dem Pfarrer die gütigen Augen. Sankt Blasius reichte die Hand ihm und führte ihn aufwärts zum Himmel. Und Gott gab dem würdigen Diener die Krone im Reich der Vollendung.In Wehmut bereitete nun die Gemeinde die Gruft für den Toten. Sie trug ihn zu Grabe unter Seufzen und Weinen im Chore der Kirche. Es beteten Priester und Volk gar ernst mit gedämpften Stimmen. „Nun eilt ihm zu Hilfe, ihr Heiligen Gottes! Nun kommt ihm entgegen, ihr Engel des Höchsten!“Und siehe: Es wurden die Gläub'gen gar lieblichen Wunders Zeugen. Des heiligen Blasius Bildnis, sein Auge, sein starres Gesicht begann sich zu regen, zu wandeln, berührt von nicht sichtbaren Händen. Und plötzlich — o Staunen! — das Bildnis trug Antlitz und Blick ihres milden und gütigen Hirten. Sie schauten hinein in die Augen. Sie waren geöffnet, doch nun wieder leblos. Ein Wunder, gewirkt vom Herrn! Ein deutliches Zeichen vom Himmel, geschehen nach Gottes Geheiß auf des großen Sankt Blasius Fürbitt', drin kündete Gott, daß des Pfarrers Seele er aufnahm zum Himmel! Die Gläub'gen verharrten in Andacht und Schweigen.Dann hallte ihr Jubel: „Lob, Preis dir und Ehre, Gott ewiger Vater und dir auch: Sankt Blasi!“ Sie hoben das Bild des Patrons voller Ehrfurcht empor auf die Schultern und trugen es singend und betend hinaus durch die Straßen und Gassen: „Patron du! Sankt Blasius! Hör uns, und du unser seliger Pfarrherr! Ihr kennt unsre Drangsal. Schaut huldreich hernieder und segnet die Kranken, daß alle genesen von Fieber und Siechtum im Balver Lande!“Dann trugen das Bildnis zurück sie und opferten Kerzen und Gaben. Und jetzo geschah es; es wirkte der Herrgott ein neues Wunder: Gleich so, wie vom Sturmwind vertrieben, war plötzlich das Fieber erloschen.<br />Ein heiliger Lobetag ward dann gehalten vom dankbaren Volke. Im Klang der Glocken vom Turme, im Brausen der festlichen Orgel sang froh die Gemeinde dem Herren ein großes „Te Deum“, weil er auf Sankt Blasius Fleh'n und des seligen Pfarrers Gebet sie rettete huldreich aus Krankheit, Gefahren, aus Not und Bedrängnis.<br />Dann neigten sich alle in Liebe gar tief vor dem Bilde des Heil'gen, davor einst die Väter schon hatten gefleht in der Not ihres Lebens. Sie priesen im Glauben der Väter des Schutzpatrons glorreichen Namen und sprachen: „Gott, dank dir; du gabst uns als Helfer Sankt Blasius. — Amen.“
(Nach: Sankt Blasius unser Schutzpatron. Münster, 1946, S. 71-73.)