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Die Paderborner "Anything Goes Pastoral"

Gespeichert von Jürgen Niebecker am 13. November 2022 - 15:17

In den Pfarr­nach­rich­ten "Im­pul­se" vom 05. No­vem­ber 2022 nimmt auf Sei­te 5 Ms­gr. Mi­cha­el Hardt zu ei­nem Vor­fall währ­end der 11 Uhr Sonn­tags­mes­se am 30. Ok­to­ber in der Gau­kir­che in Pa­der­born Stel­lung. Ei­ne Mess­be­su­che­rin woll­te sich die Hl. Eu­cha­ris­tie nicht von ei­ner Kom­mu­nion­hel­fe­rin spen­den las­sen, son­dern vom Pries­ter, der sich da­durch ge­nöt­igt sah, noch ein­mal vom Al­tar weg­zu­tre­ten, um die Kom­mu­ni­on zu spen­den. Ms­gr. Hardt er­klärt im oben verlink­ten Ar­ti­kel:

…Ich schä­me mich da­für, dass hier der Dienst der Kom­mu­nion­hel­fe­rin nicht ak­zep­tiert wur­de. Die­se tut ih­ren Dienst auf­grund von Tau­fe und Fir­mung und der Be­auf­tra­gung durch den Bi­schof. Sie trägt so zum Auf­bau der christ­li­chen Ge­mein­de bei. Der Dienst der Kom­mu­nion­hel­fer (der Lek­to­ren, der Mess­die­ner, der Or­ga­nis­ten) ist kein Not­dienst, son­dern er macht die gan­ze Fül­le der Diens­te sicht­bar, die der Ge­mein­de ge­schenkt sind. Ich bin dank­bar da­für, dass bei je­der Eu­cha­ris­tie­fei­er die Ge­mein­schaft der Glau­ben­den auch durch die Fül­le der Diens­te ge­stärkt wird.

Of­fen­bar war mit die­ser Stel­lung­nah­me die Sa­che nicht aus der Welt. Im neues­ten Pfarr­brief "Im­pul­se" vom 13. No­vem­ber 2022 er­schi­en auf Sei­te 15 wie­de­r­um ein Ar­ti­kel vom Msg. Hardt. Auf den vor­her­ge­hen­den Ar­ti­kel hat­te er näm­lich, wie er schreibt, ei­ne Zu­schrift er­hal­ten, in der er ge­be­ten wur­de, deut­lich zu ma­chen, daß in den of­fi­zi­el­len der Dienst des Kom­mu­nion­hel­fers eben doch als ein "Not­dienst" ver­stan­den wer­de, für den Fall, daß kei­ne aus­rei­chen­den or­dent­li­chen Spen­der vor­han­den sei­en. Die­ser Ein­wurf ist na­tür­lich voll­kom­men rich­tig. Doch Ms­gr. Hardt sieht das et­was an­ders, denn er schreibt:

…Nun, die Tex­te sind Jahr­zehn­te alt und in der heu­ti­gen pa­s­to­ra­len Not­la­ge gilt da eher „der Buch­sta­be töt­et, der Geist macht le­ben­dig“. Mit dem Be­har­ren auf ei­ner po­si­ti­vis­ti­schen In­ter­pre­ta­ti­on der Tex­te, das gilt auch für an­de­re Si­tua­tio­nen, wer­den wir den Ge­mein­de­si­tua­tio­nen nicht mehr ge­recht wer­den. Nicht oh­ne Grund wer­den in vie­len Ge­mein­den auch Wort­got­tes­diens­te am Sonn­tag die Ge­mein­de am Ort zu­sam­men­hal­ten und stär­ken, um ein an­de­res Bei­spiel zu nen­nen, bei dem ich mit dem Be­har­ren auf dem Buch­sta­ben des Ge­set­zes Le­ben eher ver­hin­de­re.

Der Ver­weis auf das Al­ter der Texte ist kein Ar­gu­ment. Die 10 Ge­bo­te sind noch äl­ter und trotz­dem noch gül­tig. (Ob das zu­künf­tig in der "Deut­schen Kir­che des syn­o­da­len Früh­lings"™ noch so ist, wird sich zei­gen.) Ge­set­zes­tex­te sind in der Re­gel wort­ge­treu zu ver­ste­hen. Kei­ner kä­me auf die Idee z.B. die Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung in­di­vi­du­ell aus­zu­le­gen. Im Ar­ti­kel vom 13. No­vem­ber wird von Ms­gr. Hardt, wie ich mei­ne, ei­ne Art "Any­thing Goes Pa­s­to­ral" ver­tre­ten, in der al­les mög­lich wird. Bei der in­di­vi­dua­lis­ti­schen In­ter­pre­ta­ti­on von Ge­set­zes­tex­ten, wie sie an­ge­regt wird, kann mit ei­ner ver­meint­li­chen oder tat­säch­li­chen "pa­s­to­ra­len Not­la­ge" vie­les ge­recht­fer­tigt wer­den. Wenn noch hin­zu kommt, daß die Stär­kung des Ge­mein­de­zu­sam­men­hal­tes ein Ar­gu­ment für die­se Art der In­ter­pre­ta­ti­on ist, dann ist in der Tat al­les mög­lich. Spon­tan fällt mir da ein:

  • Kom­mu­nion­hel­fer, ob­wohl ge­nug or­dent­li­che Kom­mu­ni­on­s­pen­der vor­han­den sind oder die Zahl der Kom­mu­ni­kan­ten ge­ring ist (wie im ak­tu­el­len Fall)
  • Wort­got­tes­diens­te mit Kom­mu­ni­on­s­pen­dung am Sonn­tag
  • Öku­me­ni­sche Got­tes­diens­te am Sonn­tag
  • In­ter­kom­mu­ni­on
  • Pre­dig­ten in Eu­cha­ris­tie­fei­ern durch Lai­en oder An­ge­hö­ri­ger an­de­rer Kon­fes­sio­nen/Re­li­gio­nen
  • ein "Ster­be­se­gen", der den Wert des Sa­kra­ments der Kran­ken­sal­bung ver­dun­kelt
  • u.v.m.


Any­thing Goes!


Mit diesem Grundsatz bewegt man sich auf eine Art "Flux-Religion" zu. Hubert Windisch greift den von Adolf Holl geschaffenen Begriff 1998 in seinem Buche Laien - Priester (S. 30f.) auf:

Inzwischen wird von der Kirche oftmals erwartet abzusegnen, was Adolf Holl als Fluxreligion bezeichnet ... Er charaterisiert sie so: "In Zeitalter des Wassermanns, das angeblich bereits begonnen hat, macht der Mensch (im Januar, H.W.) eine Fastenkur, absolviert im Februar einen Zenkurs, geht im März zu einer Vortragsreihe über astrologische Partnerwahl, tanzt im April mit einem Derwisch, läßt sich im Mai in abgelebte Existenzen zurückführen, wandert im Juni durch Nepal, lernt im Juli eine Schmanin kennen, besucht im August einen Workshop in temenzentrierter Interaktion, beschäftigt sich im Oktober mit Bergkristallen, erlebt im November eine Todesmediation und wünscht sich zu Weihnachten eine Gehirnwellenmaschine."
Norbert Jernej bringt die Sachlage ironisch auf den Punkt ...:

Gestern ging seng ich feng shui.
Heute reiki ich mir träume aus.
Morgen couet der wind ins siebte haus.

Montag buddha ich mir ein grab.
Dienstag druide ich hinab.
Mitwoch ist europacup.

Die fünf tibeter monden später.
Amfortas ante portas
taofrisch am pendeltisch
... und alle Jahre wieder kommt
das christuskind...