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Die neue Feier der Libori-Bruderschaftsandacht

Gespeichert von Jürgen Niebecker am 17. April 2017 - 18:34
Daß es für die Libori-Bruderschaftsandacht, welche fünfmal im Jahr im Hohen Dom gefeiert wird, ein neues, umgestaltetes Gebetsheft geben wird, war bereits am 17. Februar auf der Internetseite des Erzbistums Paderborn zu lesen.
Am heutigen Ostermontag war dieses Heft nun erstmalig im Gebrauch. Im Vorwort ist unter anderem zu lesen
Die Form und Texte der Andacht spiegeln die lange und ehrwürdige Gebetstradition, in der wir stehen und der wie uns verpflichtet sehen. Da zugleich jede Generation neu ihre Sprache und ihren Zugang zu entwickeln und ihre Herausforderung zu bestehen hat, legen wir in Anknüpfung an die letzte Überarbeitung von 2008 eine hinsichtlich der Sprache, der Gebetsanliegen und der musikalischen Gestaltung überarbeitete Fassung der Andacht vor.

Frühere Änderungen waren sehr moderat und kaum wahrnehmbar. Wenn ich mich recht erinnere wurde 2008 lediglich die Stelle umformuliert, welche auf das „geteilte Erzbistum“ verwies und die nach der Vereinigung der BRD mit der DDR obsolet geworden war. Hier soll im Gegensatz dazu offenbar dem Zeit(un)geist gehuldigt. Man darf gespannt sein, was sich geändert hat. Bevor ich jedoch auf die neue Fassung eingehe, zitiere ich noch etwas aus dem Vorwort vom damaligen Dompropst Weihbischof Hans Leo Drewes. Er schrieb im alten Heft in Bezug auf die Texte:

…Soll aber einer ehrwürdigen Tradition die Treue gehalten werden, dann müssen immer wieder mit behutsamer Hand verwelkte Texte ausgewechselt werden, damit kräftig gebliebene Wortgestalten vergangener Zeiten um so eindringlicher gebetet werden können.

Die Gebete und Lieder sind weithin Sondergut dieser Andacht. Sie sind noch nicht so abgegriffen wie viele der nur noch deutsch gefeierten Liturgien, und sie sind teilweise von anschaulicher Farbigkeit, wie mittelalterliche Altarbilder…

Wenden wir uns nun der neuen Gestalt zu: Der Grundaufbau der Andacht ist gleich geblieben. Die Gebete, die in der alten Fassung komplett vom Priester gebetet und vom Volk gläubig mit „Amen“ bestätigt wurden, sind in der neuen Fassung zerteilt worden. Teile betet der Priester und Teile das Volk. Dies betrifft alle ehemals langen Gebete am Anfang und bei den „Wunderwerken“
Zu Beginn der eucharistischen Anbetung wird nun nicht mehr „Wie beten an, die wahres Engelsbrot“ gesungen, sondern „Das Heil der Welt“. In letzter Zeit habe ich schon die Erfahrung machen müssen,
daß dieses Lied zu einem Standard-Eucharistie-Lied zu werden scheint, so als gäbe es nichts andres. Dankenswerterweise wurde das „Tantum ergo“ durch die Ett-Fassung ersetzt, die üblicherweise noch zu Zeiten des „Sursum Corda“ in Paderborn gesungen wurde und die sich im neuen Gotteslob nun im Paderborner Anhang befindet.
Der Teil der eucharistischen Andacht aus dem alten Gotteslob (ehemals 779,4) wurde gestrichen und teilweise durch die Andacht im neuen Gotteslob zu Aussetzung (GL674,2) ersetzt. Dabei wurden die Anworten des Volkes, die im Gotteslob jeweils lauten „Ehre sie dir“ durch neue Texte unbekannter Herkunft ersetzt.
Das Lied „Ihr Freunde Gottes allzugleich“ ist herausgefallen und durch „Für alle Heiligen in der Herrlichkeit“ (GL548) ersetzt worden. Dieses Lied hat im Erzbistum Paderborn überhaupt keine Tradition. Die deutsche Übersetzung des englischen Liedes wurde erst 1998 angefertigt.
Die Gebete bei den Wunderwerken wurden nicht nur zerteilt, sondern auch komplett überarbeitet und teilweise neu verfasst. Hier zeigt sich mal wieder das die Kategorie Neu nichts mit der Kategorie Gut zu tun hat.
Bei Gebet für die Verstorbenen wurde ehedem der Psalm 130(129) „De profundis“ abwechselnd gebetet. Heute ist ein Kehrvers (GL639,3) vorgesehen.

Alles in Allem ist das wahrlich kein „großer Wurf“. Textlich ist die Andacht sehr abgeflacht. Manche Dinge scheint man dem modernen Menschen nicht mehr zumuten zu können oder zu wollen, wie zum Beispiel den Teufel. Exemplarisch sei hier abschließend ein Ausschnitt aus dem Gebet zum ersten Wunderwerk in der alten und neuen Fassung gegenüber gestellt. Der geneigte Leser möge selbst seine Schlüsse über Intention der Änderung und dahinter stehender Theologie ziehen.

alte Fassung neue Fassung
…Durch seine Verdienste und machtvolle Fürbitte hast du, o Herr, viele Menschen vom bösen Feind befreit. Du weißt, daß auch wir ständig vom Fürsten der Finsternis bedroht sind. Wir bitten dich deshalb unter Anrufung der Hilfe des heiligen Liborius um deine rettende Gnade. Wende durch seine Fürsprache die Verfolgungen Satans von uns ab und bewahre uns vor allem Schaden der Seele. Wehre durch ihn die Angriffe ab, die unser Heil bedrohen, und geleite uns unter seiner Führung in die Gemeinschaft deiner Heiligen… …Durch seine Fürbitte hast Du, Herr, viele Menschen aus Not und Bedrängnis befreit / und sie in Deiner Gnade vor Unheil bewahrt. Du weißt, dass wir ständig von äußeren und inneren Gefahren bedroht sind. Beschütze uns und alle Menschen vor allem, was uns an Seele und Leib schaden kann. Lass das Gute in uns und unter uns mächtig werden. Hilf uns, Bosheit, Zwietracht, Missgunst und Gewalt unter uns und allen Völkern und Nationen zu überwinden…




P.S.: Daß auch Änderungen an den Liborifeierlichkeiten zu Großlibori geplant seien, pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern.